Spielen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Kinder im Prozess des Aufwachsens sich in vielfältiger Weise bewegen und toben lernen, entdecken, was in ihnen steckt, sich verwirklichen. Spielen findet aber auf ganz vielfältige und unterschiedliche Weise statt. Es kommt auf die gegebenen Möglichkeiten an. Daher gehört zu den Aufgaben einer Kommune, natürliche Spielmöglichkeiten zu bewahren. Das wird immer schwerer, denn in den Städten wird gebaut, es entstehen neue Wohnquartiere, es wird enger und oft zu hochpreisig gebaut, mit genormten Spielorten. Spielen wird dadurch selbst zu einem Inselleben.
Man muss nicht an die eigene Kindheit zurückdenken, um zu wissen, wie wichtig einem selbst das Spielen war, es gehört zu einem gelingenden Aufwachsen unverändert dazu. Gerade heute kommt dem Spielen eine wachsende Bedeutung zu. Es ist daher wichtig, dass es weiterhin Orte des Spielens gibt. Denn Kinder wachsen nicht mehr „auf der Straße“ auf, „lernen“ dort spielen und gestalten ihre Freizeit selbst. Sie erfahren vielmehr eine behütete Betreuung in Institutionen oder bewegen sich auf Spielinseln, meistens vorgefertigt und genormt.
Angesichts der Zunahme des „Aufwachsens in öffentlicher Verantwortung“, was sich insbesondere an dem ganztägigen Verbleib im Kindergarten und zunehmend auch in der Schule zeigt, wird der Faktor Zeit zu einer wichtigen Ressource für das (freie) Spiel außerhalb von Institutionen. Darin liegen aber auch Chancen, man muss sie nur sehen und nutzen. Spielen gehört zu einer großen Herausforderung für die Fachkräfte in den Institutionen.
Der Wandel der Kindheit und seine Folgen für das Aufwachsen wirkt nachhaltig und verändert Kindheit. Der Wandel der Kindheit macht sich fest an verschiedenen Faktoren; einige sind:
- Das Verhältnis der Generationen gerät immer mehr in eine Schieflage; die älter werdende Gesellschaft provoziert oftmals auch eine Dominanz der Politik für ältere Menschen;
- Kinder erleben keine „reine“ Familienkindheit mehr, für sie ist das Aufwachsen in Institutionen zur Selbstverständlichkeit geworden; ganztägige Bildung und Betreuung nimmt deutlich zu und wird weiter ausgebaut;
in der Summe werden ihre Lebenswelten bunter, offener, pluraler, individueller und vorläufiger; - Medien bestimmen mehr und mehr den Alltag, online zu sein ist für sie nahezu eine Statusfrage; aber Risiken bleiben;
- das Bildungsstreben der Eltern führt Kinder oft in eine „gehetzte“ Kindheit, in der das Spielen kaum noch eine Zeit erhält;
Es zeigt sich aber auch, dass Eines geblieben ist: Die soziale Kluft in den Chancen und Möglichkeiten der Kinder. Bildung ist zwar die Schlüsselressource, aber die Teilhabe daran ist verschieden verteilt. Das gilt auch für das Spielen, denn die sozialen Unterschiede entscheiden auch darüber, an welchem Ort Kinder aufwachsen.
Spielen braucht eine Allianz mit der Politik um den Rahmen für das Spiel in offenen Formen zu erhalten.
Prof. Klaus Schäfer, Köln, Staatssekretär a.D.